Über den Förderverein

Einladung zu „Kaffee und Kultur“ am 15. Mai 2024

Liebe Vereinsmitglieder,

wie bereits in unserer Mitgliederversammlung am 24.April angekündigt erhalten Sie heute die Einladung zur zweiten diesjährigen Veranstaltung im Rahmen unseres traditionellen Formats „Kaffee und Kultur“

am Mittwoch, dem 15. Mai 2024, 16.00 Uhr
in der Cafeteria des Barockhauses, Neißstraße 30.

An diesem Nachmittag werden der Museumsdirektor Dr. Jasper von Richthofen und Dr. Sven Brajer als Ausstellungskurator uns ihre Pläne für die 2025 vorgesehene Sonderausstellung im Kaisertrutz »Nationalsozialismus in Görlitz – 80 Jahre Kriegsende« präsentieren.

Dieses Ausstellungsprojekt soll sich vor allem mit der Görlitzer Stadtbevölkerung, ihrem Alltagsleben in der Zeit des Nationalsozialismus und mit unterschiedlichen Biografien befassen. Nur am Rande wird es dabei um klar identifizierbare Täter und Opfer des NS-Systems gehen.

Die Ausstellung wird mit den wirtschaftlichen Verwerfungen der Weimarer Republik im Jahr 1929 beginnen und in etwa mit dem Grenzvertrag zwischen der DDR und Polen vom 6. Juli 1950, dem „Görlitzer Abkommen“ enden. Dabei soll der Versuch unternommen werden, insbesondere die „Grautöne“ – den Alltag und das Leben in dieser Zeit – in den Fokus zu rücken.

Um dieser Zielstellung gerecht werden zu können, sind die Görlitzer – und damit auch wir alle als Vereinsmitglieder! - dazu aufgerufen, ihre Geschichte, die Geschichten ihrer Eltern oder die ihrer Großeltern und anderer Verwandter in die Ausstellung einzubringen – auch über das Jahr 1945 hinausgehend. Gesucht werden dafür Görlitzer Biografien, Fotos und Erinnerungsstücke aus der NS-Zeit.

Erste Interviews und Informationen im Rahmen des Forschungsprojekts zur Vorbereitung der geplanten Ausstellung, die auch von Schulprojekten und Forschungen in anderen Institutionen flankiert werden soll, haben bereits interessante Aspekte und Objekte zu Tage gebracht. Auch der Austausch mit anderen Akteuren wie beispielsweise dem in die Aufarbeitung der Geschichte des ehemaligen deutschen Kriegsgefangenenlagers Stalag VIII A in Zgorzelec eingebundenen Meetingpoint Memory Messiaen e. V., Vertretern der evangelischen Kirche oder der Gedenkstätte an die nationalsozialistischen Krankenmorde in Großschweidnitz führte bereits zu wichtigen neuen Ergebnissen.

Über all dies wollen wir im Anschluss an die Präsentation bei Kaffee und Gebäck, das Sie gerne mitbringen können, auch miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam überlegen, wie wir als Förderverein und Freundeskreis zum Gelingen dieses wichtigen Projekts mit beitragen können.

Wie immer bei unserer „Kaffee und Kultur“-Veranstaltungsreihe sind auch interessierte Gäste herzlich eingeladen! Reichen Sie diese Einladung also gerne auch an Freunde und Bekannte weiter.

Wir hoffen, Sie zahlreich bei unserer „Kaffee und Kultur“-Veranstaltung“ am 15. Mai begrüßen zu können und verbleiben bis dahin mit den besten Grüßen!

Im Namen des Vorstands der Freunde der Görlitzer Sammlungen e.V.

Wolfgang Möller

(Stellvertretender Vorsitzender)

Die Tische und Stühle in der Cafeteria des Barockhauses reichten bei weitem nicht aus, so groß war der Andrang zur ersten diesjährigen Veranstaltung der „Freunde der Görlitzer Sammlungen“ im Rahmen des traditionellen Formats „Kaffee und Kultur“ am 21. Februar 2024! Aber es war schnell „Nachschub“ aus dem Raum der Museumspädagogik herangeschafft, so dass die rekordverdächtigen rund 40 Besucherinnen und Besucher, darunter auch viele Gäste, alle einen Sitzplatz bei Kaffee und Gebäck finden konnten.

Eingebunden war unser Treffen diesmal in die noch bis zum 17. März laufende Sonderausstellung im Graphischen Kabinett „Leidenschaft Landschaft. Manfred Pietsch – Aquarelle & Zeichnungen“. Dazu hatten wir auf Vermittlung von Kai Wenzel, dem Kurator dieser Kabinettausstellung, Herrn Jürgen Schneider aus Berlin als langjährigen Begleiter des 2015 verstorbenen Künstlers Manfred Pietsch eingeladen. Als Verwalter des künstlerischen Nachlasses von Manfred Pietsch ist Herr Schneider auch Leihgeber eines großen Teils der in der Ausstellung gezeigten Werke. Erst jüngst hat er den Görlitzer Sammlungen – finanziert über unseren Förderverein - zwei der schönsten Aquarelle aus der Ausstellung sehr günstig überlassen und sieben weitere Exponate – auch Zeichnungen und Skizzen – sogar geschenkt.

Vor diesem Hintergrund gab es niemand anderen, der uns an diesem Nachmittag einen so profunden und dabei sehr lebendig und engagiert vermittelten Einblick in das Leben und das Werk von Manfred Pietsch hätte geben können, als Jürgen Schneider! Und das ist ihm auch ganz hervorragend gelungen!

Jürgen Schneider ist im Vogtland geboren und arbeitet nach einer typischen Ost-West-Biografie heute in Berlin als selbständiger Berater zum Umgang mit Kunstobjekten, zum Sammlungsmanagement und für Ausstellungskonzepte – so auch für zahlreiche Ausstellungen der Werke von Manfred Pietsch. Seine Beschäftigung mit Kunst begann allerdings ganz anders: als „Hausmeister“ beim Verband Bildender Künstler in Berlin! Dort lernte er 1986 auch Manfred Pietsch kennen, mit dem ihn von da an bis zu dessen Tod 2015 eine intensive Freundschaft verband.

Manfred Pietsch ist 1936 im niederschlesischen Bernstadt (Bierutów) bei Breslau geboren. Die Flucht nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Familie in die Niederlausitz in die Nähe von Senftenberg, wo sein Vater als Fleischer tätig war. Er selbst studierte von 1956 bis 1960 an der TU Dresden Bauwesen und kam in der Stadt mit vielen dort lebenden Künstlern in Kontakt. Besonders wichtig war für ihn Ernst Hassebrauk, bei dem er neben seinem Studium ersten Malunterricht nahm. Die „Absolventenvermittlung“ der DDR führte ihn nach seinem Studium jedoch fort von Dresden nach Berlin als Bauingenieur im Fach „Bauwesen“ zum Büro von Werner Henselmann und später an die dortige Bauakademie der DDR. Aber auch hier ließ ihn sein künstlerisches Interesse nicht los und er absolvierte ein Abendstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Wichtige Mentoren – auch für seine Aufnahme in den Verband Bildender Künstler – wurden insbesondere die noch heute lebenden Maler Harald Metzkes, gebürtiger Bautzener, und Dieter Goltzsche. So gelang es ihm, ab 1977 ausschließlich als freischaffender Künstler in Berlin tätig zu sein. Insbesondere seine – auch in der aktuellen Görlitzer Ausstellung zu sehenden - sehr naturverbundenen Landschaftsbilder kamen als politisch nicht verfängliches Sujet beim Publikum sehr gut an und fanden eine große Anhängerschaft. Das änderte sich jedoch mit der politischen Wende 1989, als sich der Kunstmarkt stark veränderte und Pietschs Art der Kunst nicht mehr so gefragt war wie zuvor. Aber es gelang ihm doch – auch dank der Unterstützung durch Jürgen Schneider, der seinerzeit ins Bankgewerbe wechselte – bis zu seinem Tod 2015 weiterhin als freischaffender Künstler tätig zu bleiben und noch ein breites Oeuvre zu schaffen. Anliegen von Herrn Schneider ist es, die Werke Manfred             Pietschs vielerorts in Ausstellungen zu zeigen und die stillen Arbeiten des Künstlers einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Manfred Pietsch hat sich – so die Beschreibung von Jürgen Schneider – als „Polystilist“ gesehen, der künstlerisch spontan das gemacht habe, was ihm „Spaß mache“ und gern experimentierte. Ein Schwerpunkt seines Schaffens lag aber sichtlich bei seinem „Hang zur Wasserfarbe“, also dem Aquarell. Anders als bei den bekannten Aquarellen von Emil Nolde seien die aquarellierten Landschaften vom Manfred Pietsch aber mehr „gebaut“ oder mit Wasserfarbe „gezeichnet“. Und so merkt man nicht nur seinen Dorfansichten aus Reinhardtsdorf in der Sächsischen Schweiz, sondern auch seinen Landschaften vielfach seinen Blick als gelernter Bauingenieur an.  

Wenige Wochen vor seinem Tod hat Manfred Pietsch den Görlitzer Sammlungen noch eine Auswahl seiner Werke geschenkt. Warum gerade nach Görlitz? Kai Wenzel als für das Graphische Kabinett zuständiger Kurator führte dies im Dialog mit Jürgen Schneider auf die besondere, auch überregionale Bedeutung der Görlitzer Kunstsammlungen zurück. Als namhafter Kunstort zwischen Breslau, Dresden und Berlin habe man die Sammeltätigkeit hier zu allen Zeiten nicht nur auf die Stadt und ihr Umland fokussiert, sondern stets den Blick und den Sammlungsaufbau auch darüber hinaus auf die jeweils aktuellen Kunstströmungen ausgerichtet.

Nach dieser sehr ausführlichen, lehrreichen, aber auch ausgesprochen kurzweiligen Einführung in Leben und Werk von Manfred Pietsch ging es dann gemeinsam in den zweiten Stock des Barockhauses in die Kabinettausstellung des Graphischen Kabinetts. Hier ließ sich nun das zuvor Gehörte an den ausgestellten poetischen Landschaftskompositionen aus der Niederlausitz, dem Elbtal bei Dresden und in Böhmen, Bildern aus Reinhardtsdorf oder aus dem Fläming – sei es als Aquarell oder auch als vorbereitende Zeichnung – und daneben auch an einer mythologischen Szenerie („Reich der Flora“) verifizieren und vertiefen. Jürgen Schneider bot dazu bereitwillig Rede und Antwort und Kai Wenzel lenkte den Blick noch gezielt auf die bereits von Manfred Pietsch geschenkten sowie die jetzt von Jürgen Schneider erworbenen und geschenkten Exponate.

So endete ein sehr bereichernder Nachmittag mit vielen neuen Erkenntnissen und Eindrücken, den die zahlreichen Teilnehmer in bester Erinnerung behalten werden!

Wer die Ausstellung noch nicht gesehen hat, hat bis zum 17. März noch Gelegenheit hierzu und sollte dies nicht versäumen. Sehr empfehlenswert ist auch die kleine Begleitpublikation zu der Ausstellung (https://www.goerlitzer-sammlungen.de/uploads/Museum/Sonderausstellungen/Aktuelle/ManfredPietsch-Begleitheft-Web.pdf).

Wolfgang Möller

Am 21. Januar 2024 vollendete sich das Leben von Günter Rennebach. Den Görlitzern ist er vor allem als Gründungsvorsitzender der Freunde der Görlitzer Sammlungen e.V. bekannt. Am 11. November 1999 wurde er anlässlich der Gründungsversammlung im einstigen Goldenen Saal des Barockhauses Neißstraße 30 einstimmig zum ersten Vorsitzenden des Vereins gewählt. Im März 2005 stand er aus Altersgründen nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. In die Zeit seines Vorsitzes für den Förderverein des Kulturhistorischen Museums, der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften und damals noch des historischen Ratsarchivs fallen maßgebliche Weichenstellungen für die Arbeit des Freundeskreises. So wurden erstmals Ankäufe und Restaurierungen unterstützt sowie Ausstellungsführungen organisiert. Der studierte Archäologe Rennebach organisierte eine Exkursion zu slawischen Burganlagen der Region, an die sich Teilnehmende noch heute gern erinnern.

Günter Rennebach wurde am 5. Mai 1935 im thüringischen Nordhausen geboren. Nach seinem Schulabschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Schlosser. Aufgrund seiner betrieblichen Leistungen durfte er 1954 das Abitur nachholen und ein Studium der Ur- und Frühgeschichte in Leipzig aufnehmen, das er 1958 als Diplomprähistoriker abschloss. Während eines anschließenden Praktikumseinsatzes am Landesmuseum für Vorgeschichte in Dresden wurde ihm vom Görlitzer Museumsdirektor Ernst-Heinz Lemper eine Anstellung als Archäologe bei den Städtischen Kunstsammlungen in Görlitz angeboten, die er am 1. Oktober 1959 antrat. Er war damit der erste studierte Archäologe am Museum seit Kriegsende. Zu Rennebachs Aufgaben zählten neben der Betreuung der überregional bedeutenden archäologischen Sammlung die Bodendenkmalpflege im damaligen Kreis Niesky sowie im Stadt- und Landkreis Görlitz. Zudem wurde er später mit dem Amt des stellvertretenden Direktors der Kunstsammlungen betraut. Wichtige Ausgrabungen fallen in die Zeit seines Wirkens. Dazu zählen etwa die Untersuchung der mittelalterlichen Bebauung im Innenhof des Vogtshofs, Ausgrabungen von Stadtmauerresten in der Ochsenbastei, die Dokumentation neuzeitlicher Grüfte im Chor der Dreifaltigkeitskirche, Ausgrabungen an den bronze- und früheisenzeitlichen Gräberfeldern in Steinbach, Nieder-Neundorf, Zentendorf und Zodel, die Untersuchung der mittelalterlichen Turmhügelburg, das so genannte „Raubschloss“ in Quitzdorf vor der Flutung des Stausees, sowie einer bronzezeitlichen Siedlung in Ludwigsdorf und schließlich die Ausgrabungsarbeiten im Bereich der slawischen Befestigung auf der Görlitzer Landeskrone.

Die Gesundheit einer seiner Töchter zwang Günter Rennebach 1971 zu einem Ortswechsel an die Ostsee. Sein Nachfolger, der Prähistoriker Lutz Oberhofer konnte nur schwer an die Qualität der archäologischen Forschung anknüpfen. Am 1. September 1971 trat Günter Rennebach in der Forschungsstelle und dem Museum für Ur- und Frühgeschichte im Schweriner Schloss seine neue Arbeitsstelle an. Auch hier unternahm er im Rahmen der Bodendenkmalpflege in Mecklenburg und auf Rügen verschiedene wichtige Ausgrabungen.

Seit 1998 lebte Günter Rennebach mit seiner Frau Barbara wieder in Görlitz. Die Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur unterstützte er unter anderem bei der Neuinventarisierung der archäologischen Sammlung. Nach dem viel zu frühen Ableben seiner Ehefrau im Jahr 2010 ist es still um Günter Rennebach geworden. Nach langer Krankheit verstarb er nun in Görlitz. Der Förderverein und die Görlitzer Sammlungen sind ihm für sein Wirken zu tiefst dankbar.

Günter Wetzel und Jasper v. Richthofen